Das kann mein Kind am Ende des 6. Lebensjahres

• Nach dem Erwerb des (fast) vollständigen Grammatiksystems können nun „grammatikalisch hergestellte“ Bedeutungen verstanden werden (z.B. Fallmarkierungen: Der Löwe jagt den Tiger – Den Löwen jagt der Tiger; Passivsätze: Die Frau malt – Die Frau wird gemalt).
• Die Beherrschung des Sprachsystems zeigt sich im Wortschatz darin, dass erste übertragene Bedeutungen (d.h. nicht wörtlich) verstanden werden (z.B. Er hat nur Stroh im Kopf = Er ist dumm.).
• Die Aussprache ist fehlerfrei.
• Die grammatikalischen Fertigkeiten sind so weit gereift, dass es in der Verwendung „grammatischer“ Wörter (Vorwörter, Fürwörter, Artikel, Bindewörter) kaum noch bzw. nur mehr zu kleinen Fehlern kommt. Die Mehrzahl wird durchgehend angezeigt, ebenso der Fall des Hauptworts. Nur der 2. Fall (Genitiv) bereitet noch bis ins Schulalter Probleme (z.B. die Mutter meines besten Freundes).
• Das Kind beherrscht die Möglichkeitsform (Konjunktiv) und verwendet diese häufig (z.B. Als König würde ich allen Kindern erlauben, jeden Tag nur Schokolade zu essen.).
• Die Relativsatzbildung ist nun fehlerfrei möglich (z.B. Das ist der Bub, der mir das Auto weggenommen hat. Das ist das Mädchen, das mit mir in den Turnunterricht geht.).
• Vor allem die Textfertigkeiten haben sich deutlich entwickelt. So beherrscht das Kind die Bezugnahme mit Fürwörtern über mehrere Satzpassagen hinweg (z.B. Der Hund schnappt sich die Wurst und läuft weg. Er kann durch den Wald davonlaufen, aber dann wird Struppi vom Bauern geschnappt…).
• Im 6. Lebensjahr entwickeln sich die Fertigkeiten im Sprachgebrauch natürlich weiter. Es kommt vor allem aber auch zu einer metakommunikativen Entwicklung. Dem Kind werden also verschiedene Sprecherrollen und Standpunkte bewusst. Es kann in verschiedene Rollen schlüpfen und diese gekonnt versprachlichen. Diese Entwicklung dauert aber noch bis weit ins Schulalter an.
• Ab 6 Jahren zeigen sich weiter entwickelte phonologische Bewusstheitsfertigkeiten wie die Lautanalyse (z.B. „Maus“ beginnt mit „M“ und endet mit „S“) oder die Lautsynthese (z.B. M-a-u-s heißt „Maus“). Die Kinder können ihren Namen verschriften. Weitere Fertigkeiten im Bereich der phonologischen Bewusstheit vermittelt der Erstlese- und Schreibunterricht.